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Eskimo (27.04.2016) |
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AW: mehr selektive rechentiefe oder brute force einstellen?
Zitat von OliverWeh
hi,
bei meinem mephisto polgar kann ich die selektive rechentiefe einstellen von 0-8! dabei ändert sich ja vorallem die taktik und weitsicht des computers. dazu hätte ich paar fragen: -- ich hab gelesen, daß man den polgar eher auf 4-5 stellen soll, aber es stand nicht dabei, was das dann am spiel ändert bzw. das gerät besser macht... - vielen dank und ein baldiges schönes weekend Oliver Hallo Oliver, meine eigene Erfahrung mit dem Polgar-Programm zeigte mir, daß Polgar mit der Einstellung Sel. 5 ! Positionell deutlich besser spielt und das nicht nur auf Turnierstufe ! Gruß Otto |
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Eskimo (07.12.2022) |
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AW: mehr selektive rechentiefe oder brute force einstellen?
Zitat von OliverWeh
hi,
bei meinem mephisto polgar kann ich die selektive rechentiefe einstellen von 0-8! dabei ändert sich ja vorallem die taktik und weitsicht des computers. dazu hätte ich paar fragen: - wie genau ändert sich die taktik/weitsicht? - wenn ich zb. das gerät auf 2 stelle, bedeutet das, daß das gerät nur die zwei besten varianten nimmt und durchrechnet? und wenn ich 7 einstelle, das gerät die 7 besten varianten durchrechnet und dementsprechend länger braucht (oder bei gegebener zeit nicht so weit rechnet)? - in welche richtung (der zahlen) muss ich das gerät stellen, um mehr taktik oder mehr abwechslung zu bekommen? - ich hab gelesen, daß man den polgar eher auf 4-5 stellen soll, aber es stand nicht dabei, was das dann am spiel ändert bzw. das gerät besser macht... - wer kann mir sonst noch tips/anmerkungen/infos zu diesem thema geben? vielen dank und ein baldiges schönes weekend Oliver bei der Stellungsberechnung gibt es verschiedene Komponenten, die getrennt betrachtet werden können: - der Brute-Force-Anteil. Hier werden alle möglichen Züge durchgerechnet, mit Ausnahme einiger Züge, die aus mathematischen Gründen ausgeschlossen werden können. Die hiermit erreichte Rechentiefe wird meist in den Berechnungen angegeben (wobei ich speziell beim Polgar und seinen Schwestermodellen den Verdacht habe, daß er etwas mehr als das anzeigt, also noch einen selektiven Anteil, s.u.). Da der Variantenbaum sehr schnell sehr groß wird,kommt man mit diesem Anteil allein nicht besonders tief. - Schach-/Schlagzugerweiterungen. Die gehören eigentlich zum BruteForce-Anteil mit dazu. Man stelle sich vor, bei einer Berechnung bis zum 5. Halbzug wird genau im 5. Halbzug eine Figur getauscht. Dann würde das Programm das Zurücknehmen im 6. Halbzug nicht mehr erkennen und glauben, es würde eine Figur gewinnen! Deshalb werden bei Erreichen der Zielrechentiefe noch Schlag- und oft auch Schachvarianten gezielt weiterverfolgt, um die Stellung überhaupt bewerten zu können. - Und zum Schluß, der "menschliche" Teil: die selektive Erweiterung! Hier wird der BruteForce-Sockel mit weiteren Zügen erweitert, von denen das Programm "glaubt", daß sie besonders gut sind. Hier kenne ich keine allgemeinen Regeln mehr, das macht wohl jeder Programmierer auf seine eigene Weise und verleiht dem Programm damit seinen Charakter. Weil man hier nicht alle Varianten berechnen muß, expandiert der Suchbaum nicht so schnell, und man erreicht Rechentiefen, die mit einer erschöpfenden Suche so leicht nicht machbar sind. Der Haken ist natürlich, daß das Programm hier auch eine taktische Wendung übersehen kann, eben weil es nicht erschöpfend sucht. Auf den Polgar bezogen heißt das: Bei einer geringen selektiven Suchtiefe (z.B. 1) ist der selektive Teil schnell abgearbeitet, und er kann schneller mit der Brute-Force-Iteration des nächsten Halbzugs anfangen. Er wird also wohl taktisch stärker und positionell blinder. Bei einer hohen selektiven Suchtiefe (z.B. 8) wird der selektive Teil tiefer durchgerechnet, was dazu führt, daß weniger Zeit in den Brute-Force-Sockel investiert werden kann, d.h. es wird vermutlich (je nach Anzeige-Konvention) länger dauern, bis eine bestimmte Suchtiefe angezeigt wird. Dafür werden trotzdem tieferliegende Sachen gesehen, und es fragt sich nur, ob sie auch korrekt sind... Es kann also sein, daß mit einer höheren Selektivitätseinstellung manche Probleme schon bei geringeren (angezeigten) Suchtiefen gelöst werden, weil sie von den selektiven Erweiterungen errechnet werden. Die Faustregel ist also, daß eine niedrige Selektivität das Programm taktisch sicherer und positionell blinder macht, und eine höhere Selektivität genau das Gegenteil bewirkt. Über die optimale Einstellung des Polgar habe ich schon viele Spekulationen gehört, aber meines Wissens gibt es keine statistisch verlässlichen Untersuchungen dazu. Wahrscheinlich spielt auch die Spielstufe eine Rolle. Ich selbst hatte mal vor, bei 30min/Partie mal verschiedene Einstellungen über viele Partien zu testen, bin aber bislang nicht dazu gekommen. In Klingenberg / Erlenbach 2006 habe ich einfach mit Sel3 gespielt, und da hat der Polgar auch schön postitionell und manchmal richtig menschlich gespielt. Ich hoffe, ich konnte ein wenig helfen! Viele Grüße, Dirk |
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Eskimo (27.04.2016) |
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AW: mehr selektive rechentiefe oder brute force einstellen?
wow, superausführlich, vielen dank! ich bin jetzt zwar nicht der totale anfänger aber zähle mich auch noch nicht zum hochwertigen amateur. das mit der taktik und position hab ich gut geschnallt, doch dadurch stellt sich für mich eine weitere frage: zur zeit spielt mir der polgar zwar noch variantenreich, doch merke ich jetzt schon, daß er oft schema F spielt... leider reicht mein verständnishorizont gerade noch nicht aus, um zu verstehen, in welche richtung ich dann gehen muss, um ihn abwechslungsreicher spielen zu lassen, daß vllt auch mal eine überraschung kommt oder so. das wäre dann ja eher richtung taktik und dann müsste ich ja eher die selektivität reduzieren als, wie empfohlen, zu erhöhen, oder?
ansonsten toll erklärt, danke |
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AW: mehr selektive rechentiefe oder brute force einstellen?
Zitat von OliverWeh
wow, superausführlich, vielen dank! ich bin jetzt zwar nicht der totale anfänger aber zähle mich auch noch nicht zum hochwertigen amateur. das mit der taktik und position hab ich gut geschnallt, doch dadurch stellt sich für mich eine weitere frage: zur zeit spielt mir der polgar zwar noch variantenreich, doch merke ich jetzt schon, daß er oft schema F spielt... leider reicht mein verständnishorizont gerade noch nicht aus, um zu verstehen, in welche richtung ich dann gehen muss, um ihn abwechslungsreicher spielen zu lassen, daß vllt auch mal eine überraschung kommt oder so. das wäre dann ja eher richtung taktik und dann müsste ich ja eher die selektivität reduzieren als, wie empfohlen, zu erhöhen, oder?
ansonsten toll erklärt, danke Jedenfalls kann ich mir schon vorstellen, daß sich der Charakter in gewissen Grenzen durch Verstellen der Selektivität verändern läßt, und zwar in beide Richtungen. Erwarte aber keine Wunder, Du wirst keinen Fidelity aus ihm machen können! Und jede Einstellung wird in der gleichen Stellung mit der gleichen Bedenkzeit auch immer wieder den gleichen Zug produzieren, nur halt eventuell einen anderen als eine andere Einstellung! Sowas wie einen Zufallsgenerator gibt es beim Polgar nicht, glaube ich (hab ihn aber gerade eingemottet, also nicht extra nachgeguckt). Da die anderen sich auch zurückhalten, schätze ich mal, daß es zu diesen Stilfragen bisher keine ernsthafte Untersuchung gibt. Du bist jetzt also unser Pionier! Viel Spaß beim Experimentieren wünscht Dirk |
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AW: mehr selektive rechentiefe oder brute force einstellen?
Kurze Rückfrage: Was bedeutet dies? Wofür steht ein Fidelty? Für brutales Halsbrecher-Schach? Oder für ruhiges Positions-Geschiebe?
Meines Erachtens sollte eine höhere Selektivität immer stärker sein. So ist es beim Vancouver jedernfalls schon immer gewesen. Zumal ja ein Brute-Force-Sockel immer vorhanden ist. Entsprechende Tests hab ich noch vor . . .
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Es ist nie zu spät, eine glückliche Kindheit zu haben |
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AW: mehr selektive rechentiefe oder brute force einstellen?
Auch nützt eine höhere Selektivität nichts, wenn ihre Vorteile erst bei einer praktisch nicht erreichbaren Suchtiefe sichtbar werden. |
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AW: mehr selektive rechentiefe oder brute force einstellen?
Kurze Rückfrage: Was bedeutet dies? Wofür steht ein Fidelty? Für brutales Halsbrecher-Schach? Oder für ruhiges Positions-Geschiebe?
Meines Erachtens sollte eine höhere Selektivität immer stärker sein. So ist es beim Vancouver jedernfalls schon immer gewesen. Zumal ja ein Brute-Force-Sockel immer vorhanden ist. Entsprechende Tests hab ich noch vor . . . im Zusammenhang mit Fidelity-Schachprogrammen fällt oft der Begriff "Dschungelschach". Gerne wird brettumfassend an verschiedenen Stellen "Feuer gelegt", also taktische Verwicklungen angestrebt, die einem Gegner aus Fleisch und Blut durchaus einmal überfordern können Gruß Egbert |
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Drahti (27.04.2016) |
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AW: mehr selektive rechentiefe oder brute force einstellen?
Das kann man so generell nicht sagen.
Zitieren:
So ist es beim Vancouver jedernfalls schon immer gewesen. Zumal ja ein Brute-Force-Sockel immer vorhanden ist.
Die Bedenkzeit dürfte hier sicher auch eine Rolle spielen: Der Mephisto III ist bekanntlich kein guter Blitzer. Ich würde es mal so formulieren: Je höher die Bedenkzeit (oder die Rechenleistung bei gleicher Bedenkzeit), desto mehr kann man sich den "Luxus" einer erhöhten Selektivität leisten... Ich kann mich noch an die Diskussionen erinnern, ob beim Super Expert/Forte C die Selektivität 5 oder 7 auf Turnierstufe besser sei (ich glaube, das kam sogar in der CSS zur Sprache) viele Grüße Robert |
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Eskimo (04.11.2016) |
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AW: mehr selektive rechentiefe oder brute force einstellen?
Das habe ich gestern bei meinen Experimenten (Polgar vs. sich anpassende ShredderApp) auch festgestellt. Ging ich mit der Selektivität Richtung 8, wurde das Spiel (10s pro Zug) schlechter. Besser wurde es Richtung 0. 3 ist voreingestellt und wahrscheinlich für die Aktiv-Stufe (30 Sek.) gedacht. 0-2 stellt man dann am besten beim Blitzen ein und 4-8 bei längeren Bedenkzeiten. Das passt auch zum berüchtigten B&P-Modul, dessen Stärke der BlitzModus ist, da es eben ausschließlich Brute-Force rechnet. OK, wenn man das weiß, kann man entsprechend damit experimentieren.
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