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Alt 29.04.2018, 00:11
Hartmut Hartmut ist offline
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AW: Selbstlernende KI: Neue Engine spielt auf Profi-Niveau

 Zitat von rollinghills Beitrag anzeigen
Kann es eigentlich sein, dass sich diese selbstlernende KI zu einem buchstäblichen Fachidioten entwickelt, die sich nur dort auskennt, wo sie schon mal war, und für die Neues extrem schwierig bleibt?

Nach den Lobeshymnen über das positionelle Spiel von LcZero habe ich gestern mal ein wenig rumgetestet. Ben Oni Stellungen, Petrosian typische Qualitätsopfer, etc. Und muss sagen: Leela hat auf ganzer Linie versagt. Vor allem Komodo ist hier um Lichtjahre voraus.

Der spekulative "Spielstil" von Leela erinnert natürlich stark an die paar Alpha Zero Partien, die rund um die Welt bejubelt wurden, und das Projekt ist und bleibt faszinierend. In einer Zeit, in der es aber eine so sauber agierende Engine wie Komodo 11 gibt, ist da kaum noch eine Lücke, die zu füllen wäre. Und ganz nebenbei: Komodo bringt viele der angesprochenen Opfer mit lockerer Hand genauso.
Da hast Du natürlich irgendwo recht, aber ich möchte mich hier Kurt anschließen. Teststellungen sind nicht geeignet, Eine Schachpartie besteht immer noch aus dem Partieaufbau im Allgemeinen und auf einem gewissen Positionsverständnis sowie einem gewissen taktischen Können. Und das baut LChess ja gerade erst auf. Dabei kann das Teil nicht auf die Hardwarevorteile aufbauen, die Alpha-Zero hatte. Bis LChess soweit ist, werden noch Monate vergehen. Und dann hängt es natürlich auch immer an der Bereitschaft der Community, wie dieses Projekt unterstützt wird. Der durchschnittliche Schachinteressierte hat eben nun mal keine 500 EUR Gamer-Karte. Brauchte er bisher auch nicht. Ich würde das Projekt auch gern mit Rechenzeit unterstützen. Aber ich habe eben wie andere Schachspieler eher darauf geschaut, dass die Prozessorleistung hoch ist. Und wenn ich dafür ein paar MHz rauskitzeln konnte, hab ich halt dafür dann lieber eine OnBoard-Grafik in Kauf genommen. Deswegen ist die unterstützende Community auch überschaubar klein. Wer konnte schon ahnen dass man irgendwann ein Schachprogramm hat, dass eher von der GPU als von der CPU profitiert.

LChess ist über die letzten Monate beständig besser geworden, und schlägt jetzt so manches ELO 2300 Programm selbst in der CPU-Version auf meinen bescheidenen 4 AMD-Kernen, obwohl es da kaum mehr Stellungen berechnet als so mancher Oldie der späten 80er Jahre. Niemand musste LChess sagen, wie man einen Suchbaum verkürzt oder wie man den Wert einer Stellung berechnet. Das ist ja die eigentliche Leistung. Vielleicht wird es noch ein halbes Jahr dauern, bis es eine Konkurrenz für Stockfish und Co ist, vielleicht länger. Aber dabei dürfen wir auch nicht vergessen, wie viele Jahre Entwicklung in Stockfish und Co stecken, wieviel man teilweise auf der Arbeit anderer Programmierer aufbauen konnte, die ebenfalls über Jahre hinweg an ihren Algorithmen getüftelt haben, um einen Stockfish 9 zu erhalten. Leela hat in wenigen Monaten das geschafft, was andere in Jahren nicht vollbracht haben. Die Community muss nur lange genug Geduld haben. Mit der dann erreichten Spielstärke wird sie dann auch irgendwann die ganzen Testsuites lösen können. Aber eben erst dann.
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