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Alt 05.09.2012, 20:25
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AW: Atlanta 32 MHz Testlauf

 Zitat von Walter Beitrag anzeigen
Wie die bisherigen Vergleiche nahelegen, bleiben ein Atlanta 32 MHz und ein Atlanta 36 MHz trotzdem ein Atlanta, d.h. die meisten Züge bleiben die dieselben wie beim Original. Nur manche Züge sind eben anders.

Ich möchte nun einiges zur Rechenkapazität sagen. Erst stelle ich Aussagen in den Raum:

Der Zuwachs an Rechenstärke dürfte bei 36 MHz etwa 90-95% gegenüber dem Original Atlanta 20 MHz sein. Bei 32 MHz ergibt sich nur ein Zuwachs an Rechenkapazität von ca. 55%. Also ist der Unterschied in der Rechenstärke zwischen 32 und 36 MHz recht ordentlich und in diesem Unterschied kann der eine oder andere zusätzlich berechnete Halbzug stecken. Diese Aussage und die nachfolgenden beziehen sich ausdrücklich nur auf Aktivschach, wer mag, kann es für andere Zeitkontrollen berechnen, und dort wird es bestimmt anders sein.

Wieso ist der Unterschied nicht einfach nur 36/32=12,5% ?
Der größere Abstand entsteht durch den Zufall, wie die beiden Takte zu den vorhandenen Zeiteinstellmöglichkeiten des Atlanta passen.

Bei Aktivschach hat der Schachcomputer durchschnittlich reale 30 sec Zeit pro Zug. Bekanntlich läuft die Uhr eines getunten Atlanta aber um den entsprechenden Faktor schneller, d.h. während realen 30 sec zählt der Atlanta bei 36 MHz auf vermeintliche 54 sec. Um diese falsch gehende Uhr zu korrigieren, müsste man also den Atlanta 36 MHz auf 54 sec/Zug einstellen, damit er reale 30 sec zum Nachdenken hat. Diese Einstellung ist aber nicht im Menu verfügbar, also muss man die nächstgelegene Zeiteinstellung nehmen. Das ist 60 sec/Zug. Dadurch hat der Atlanta 36 MHz aber reale 33 sec zur Verfügung und gewinnt 10% an Bedenkzeit. Er rechnet also einerseits schon mit 36 MHz und bekommt noch umständehalber 10% Zeitzuschlag, was man als ca. 4 MHz zusätzlicher Rechenkapazität umrechnen kann. Während seiner eigenen Bedenkzeit steht ihm also Rechenpower von umgerechnet ca. 40 MHz zur Verfügung. Während der gegnerischen Rechenzeit hat er nur die 30 sec des Gegners, um weiter zu rechnen, und das mit seinen 36 MHz. Im Mischeffekt kann man also die durchschnittliche Rechenstärke des Atlanta 36 MHz auf ca. 38-39 MHz einschätzen. Das sind 90-95% mehr als der Atlanta 20 MHz. Beim Atlanta 32 MHz greift unglücklicherweise ein umgekehrter Effekt, weil ihn die zugestandenen 45 sec/Zug analog benachteiligen. Daher kommt er nur auf effektive 30-31 MHz. So erklärt sich der größere Unterschied, als man am MHz-Vergleich erkennt. Man könnte diese Überlegungen auch dahin zuspitzen, dass man sagt, dass 28 bis 32 MHz beim Atlanta auf nahezu ähnliche Spielstärken hinauslaufen, während die Steigerung von 36 auf 40 MHz kaum eine Verstärkung der Rechenkraft bringt. Wer's nicht glaubt, bitte nachrechnen!

Programm und Schachwissen bleiben bei alledem natürlich gleich, so dass lediglich der eine oder andere Halbzug tiefer berechnet werden kann. Ob dann ein Schachcomputer einen Fehler mit einfacher oder mehrfacher Geschwindigkeit macht, bleibt egal, aber jeder Fehler oder besseren Zug, den er durch höheren Takt findet, ist möglicherweise ein Gewinnzug. Wie oben ausgeführt, machen getunte Atlantas nur manche Züge anders als das Original. Das dürften diese gefundenen (hoffentlich) besseren Züge sein.

Der andere Knackpunkt ist die Frage, wo die Schwelle liegt, oberhalb der ein Schachcomputer wirklich einen Halbzug mehr berechnen kann, so dass er eine Stellung besser abschätzen kann. Bekanntlich nimmt der Rechenaufwand exponentiell zu und daher gibt es manche Tunings, die in dieser Hinsicht kritische Schwellen nicht überwinden können, also keinen Halbzug mehr schaffen. Je größer also der Taktsprung, desto höher die Chance, dass ein Rechner eine solche Schwelle überspringen kann. Deshalb hat der 36 MHz-Atlanta mit seiner deutlichen effektiven Steigerung eine höhere Chance gegenüber seinem Kollegen mit 32 MHz.

Micha hat oben aufgrund der vorgestellten Partien extrem hohe Anfangs-Elowerte für den Atlanta 36 MHz berechnet. Solche Werte kann auch der getunte Atlanta bestimmt nicht erreichen, das kann einfach nicht sein, also scheint mit ziemlicher Sicherheit festzustehen, dass die aufgeführten Partien positive Ausreißer sind. Die umgekehrte Frage ist natürlich, ob es sein kann, dass eine derartige Fülle von Ausreißern auftritt. Na ja, grundsätzlich kann jeder zig-Millionen im Lotto gewinnen, auch wenn die Chance von vornherein extrem klein ist. Das kann natürlich so gewesen sein. Andererseits ist es passiert und da ist die Frage berechtigt, wie wahrscheinlich das bei einem "schwachen" Atlanta gewesen wäre und wie wahrscheinlich bei einem "stärkeren" Atlanta. Klar, wahrscheinlicher ist das bei einem stärkeren Gerät. Also spricht nach der Wahrscheinlichkeit doch einiges dafür, dass der Atlanta 36 MHz etwas stärker als mit 32 MHz ist, und wie die Überlegungen oben zeigen, hat er einiges mehr an Rechenkapazität verfügbar, als man anfangs denkt, so dass der Schwellensprung passiert sein könnte. Das werden aber nur viel mehr Partien zeigen, und ein Endspielwunder wird er wegen seiner Schwächen dadurch bestimmt nicht werden. Aber bis ins Endspiel müssen die Gegner erst einmal kommen und die Partien zeigen obendrein, dass er einige schwierige Endspiele sehr gut führte. Vielleicht ist das ein Hinweis, dass er fehlendes Wissen durch Rechenpower manchmal - bestimmt nicht immer - ausgleichen kann, was dann doch den einen oder anderen Sieg mehr bedeuten kann.

Wir brauchen mehr Partien, um das festzustellen, und da ich sicher nicht so viel Zeit wie Micha aufwenden werde, um 100 Partien zu absolvieren - ganz abgesehen davon, dass ich erheblich weniger passende Gegner stellen kann - brauchen wir weitere Atlantas 36 MHz, sonst bleibt meiner ein einsamer Exot. Ich werde für das Turnier in Kempten den Antrag stellen, mein gemeldetes Gerät gegen den Atlanta 36 MHz zu tauschen. Das sind dann schon ein paar Partien und Gegner mehr.

Grüße
Walter
Das ist eine gute Beschreibung. Obwohl ich den Atlanta nicht habe, weiss ich aber, das mein MMVI , wenn ich ihn z.b von 15 sek. auf 20 sek Bedenkzeit umstelle, er meistens kaum länger rechnet, aber ab und zu wirklich länger. Also es werden immer nur vereinzelt Züge länger berechnet, obwohl er ja durchschnittlich 1,3 mal länger rechnen könnte. Ich vermute mal, das beim Atlanta 36 Mhz doch meistens die gleiche Rechentiefe erreicht wird, wie beim 32 Mhz Modell, nur das der 36 Mhz Atlanta eben etwas früher ausspielt. Aber es stimmt, er wird wohl ab und zu, vor allen Dingen im Endspiel, auch einen Halbzug extra berechnen können, ähnlich we bei den Briketts, wo sich die erhöhte Rechengeschwindigkeit bei Netzbetrieb auch erst deutlich im fortgeschrittenem Mittelspiel und Endspiel bemerkbar machen. Allerdings läuft bei den Briketts die Uhr immer richtig.
Um das bei den Atlantas zu testen, wie oft der 36 Mhz Atlanta tiefer rechnet, müsste man eben die 2 verschiedenen Versionen vergleichen, was nicht ganz ohne Aufwand möglich ist, nehme ich an.

Soweit meine Theorie dazu.

Gruß, Udo
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